Am 2. Juli 2024 fand in Berlin der erste Parlamentarische Abend der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung statt: „Ich wollte es schaffen und keiner wollte mich scheitern lassen.“ Bestmögliche Teilhabe – auch für Menschen mit Schädelhirnverletzung.
Die Arbeitsgemeinschaft Teilhabe, Rehabilitation, Nachsorge und Integration nach Schädelhirnverletzung (AG Teilhabe) und die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung haben in diesem Jahr erstmals zu einem Parlamentarischen Abend nach Berlin geladen. Das neue politische Dialog-Format schließt an den seit 2006 bewährten Nachsorgekongress an und trägt die dort erarbeiteten Thesen ins politische Berlin.
Rund 100 Gäste aus Politik und Gesellschaft kamen in die Räumlichkeiten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in Berlin-Mitte, um das Thema Teilhabe und Nachsorge für Menschen mit Schädelhirnverletzung in seinen unterschiedlichen Facetten inhaltlich zu beleuchten und gemeinsam mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen. „Wir wollen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Interessensverbänden für die Problematik der Einschränkungen von Menschen mit erworbenen Hirnverletzungen sensibilisieren“, erklärte Professor Dr. Joachim Breuer, Vorsitzender der ZNS-Stiftung.
In Deutschland müssen rund 1.000.000 Menschen mit den dauerhaften Folgen einer Schädelhirnverletzung leben. Die Zahlen steigen: In jedem Jahr erfahren rund 300.000 Menschen gravierende Einschränkungen durch eine unfallbedingte Schädelhirnverletzung. Sie alle haben Anspruch auf eine bestmögliche Teilhabe. Ziel der Veranstaltung war es daher, Erfahrungen, Erkenntnisse und Feststellungen in einem breiteren gesellschaftlichen Kontext zu erörtern. „Wichtiger als nur Forderungen zu stellen ist es uns, den Dialog mit allen Beteiligten zu suchen und miteinander ins Verhandeln über Möglichkeiten der Verbesserung zu kommen“, betonte Professor Dr. Helga Seel, Mitglied im Kuratorium der ZNS-Stiftung und ehemalige Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) als Moderatorin der Podiumsdiskussion. Dies sei wichtig, damit jede Seite verstehe, worum es der jeweils anderen gehe.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion erörterten Professor Dr. Edgar Franke, (MdB und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit), Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen), Brigitte Gross (Direktorin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund), Thomas Haberl (Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe, BAGüS), Takis Mehmet Ali (MdB), Kai Swoboda (stellvertretender Vorstandsvorsitzender IKK classic) und Dr. Annette Tabbara (Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales) die aktuelle Situation.
Deutlich wurde, dass es, abhängig vom Leistungsträger, immer noch große Unterschiede bezüglich der Nachsorgeleistungen für Menschen mit erworbener Hirnschädigung gibt. Zudem zeigte sich, dass die Realisierung berechtigter Ansprüche gegenüber den Leistungsträgern immer noch mit erheblichen Barrieren belastet ist. Den Betroffenen ist es deshalb vielfach nicht möglich, zeitnah und umfänglich die ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten. Konsens bestand schließlich darin, dass Menschen mit erworbener Hirnschädigung häufig mit multimodalen Einschränkungen zu kämpfen haben. Aus diesem Grund benötigen sie eine proaktive Beratung und Aufklärung über die rehabilitativen Maßnahmen und neurokompetente Unterstützung abgestimmt zwischen den Leistungsträgern. Deshalb ist es unverzichtbar, dass der ja sogar gesetzlich in § 19 SGB IX verankerte Anspruch auf trägerübergreifende Teilhabeplanung eingelöst wird.
„Wir haben an diesem Abend eindrücklich erlebt, was möglich ist, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen wollen,“ so Professor Dr. Edgar Franke, Parlamentarischer Staatssekretär beim Gesundheitsminister. „Deshalb werde ich den Diskurs mit allen Akteuren der Rehabilitation und Nachsorge für Menschen mit erworbener Hirnschädigung fortsetzen, damit wir gemeinsam die im BTHG festgelegten Möglichkeiten einsetzen, um eine bestmögliche Teilhabe von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen zu erreichen.“