In der Corona-Krise sind Intensivpflegende besonders gefordert. Vor diesem Hintergrund hat die Sektion Pflege der DGIIN eine aktuelle Stellungnahme zur Situation der Intensivpflege in Deutschland veröffentlicht. „Durch den schnellen Aufbau an Bettenkapazitäten konnten die betroffenen Patienten in Deutschland die jeweils notwendige intensivmedizinische Versorgung erhalten. Dennoch führt dies auch zu einer weiteren Verschärfung der Arbeitsbedingungen, die schon vor der Pandemie teils an der Grenze des Zumutbaren waren“, erläutert Carsten Hermes die Hintergründe des Papiers.
Als zentrale Herausforderungen nennen die Autoren der Stellungnahme die mangelnde Schutzausrüstung, den Einsatz von Personal in fremden Arbeitsbereichen ohne ausreichende Einarbeitungszeit und die unzureichende personelle Ausstattung an Kliniken. „Diese Problematiken bestehen auch nach zwei Monaten der Krise weiterhin. Das ist nicht akzeptabel“, sagt Hermes, der selbst Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege sowie Betriebswirt im Sozial- und Gesundheitswesen ist. Die Fachgesellschaft betont, dass die Vorhaltung von Betten auch eine Vorhaltung von ausreichend Personal bedeuten müsse. „Wichtig ist, für die nächste Krise vorzusorgen und Pflegepersonal, das nicht speziell für die Intensivpflege ausgebildet ist, entsprechend für Szenarien wie Pandemien zu schulen“, so Hermes. Dafür seien praktische Workshops, Praxis- oder Gruppenanleitungen sowie Einarbeitungen auf Station im Normalbetrieb außerhalb von Krisenzeiten notwendig. So könne dieses Personal im Normalbetrieb jeweils ihren definierten Tätigkeiten nachgehen und dennoch bei Notfällen ad hoc rekrutiert werden.
Aufgrund der Corona-Pandemie hat das Bundesministerium für Gesundheit die in der Intensivmedizin geltenden Pflegepersonaluntergrenzen vorübergehend ausgesetzt. „Für uns ist dieser Schritt unverständlich. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege haben in den letzten Jahren zu einer Jobflucht und damit zu Personalmangel geführt. Daher ist es wichtig, Mindeststandards auch in der Krise aufrecht zu erhalten. Die Untergrenzen wurden in der Praxis schon häufig zu Obergrenzen, wenn nur das zwingend notwendige Personal eingesetzt wird – das ist eine alarmierende Entwicklung“, so Hermes. Nach Ansicht des Pflegeexperten muss dringend eine Personalbemessung erfolgen, die den reellen Pflegeaufwand abdecke. „Dabei dürfen nicht nur belegte Betten berücksichtigt werden, sondern alle, auch die vorgehaltenen Betten müssen in die Berechnung einfließen“, so Hermes. Tobias Ochmann, ebenfalls Fachkrankenpfleger und stellvertretender Sprecher der Sektion Pflege, ergänzt: „Wichtig ist, dass genügend Zeit für die Patientenversorgung am Bett, für die Praxisanleitung und die Unterstützung von Führungspersonen eingeplant und entsprechend finanziert wird.“
Mit Blick auf die Rückkehr in einen Regelbetrieb nach der Corona-Pandemie betonen die Experten der DGIIN, dass Pflegefachpersonen in allen Bereichen der Entscheidungsfindung aktiv und sichtbar eingebunden werden müssen. Dazu zähle die Beteiligung bei der Entwicklung von Pandemieplänen, Leitlinien, Einsatzplänen und Präventionsmaßnahmen ebenso wie die Beteiligung im Bereich Public Health.