Aktuell wird in Deutschland über die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert. Darüber hinaus gibt es Überlegungen zu einem verpflichtenden Gesellschaftsdienst im zivilen oder militärischen Bereich. Die Einführung eines solchen Pflichtdienstes befürworten nach einer Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos knapp drei Viertel (73 %) der Deutschen. Männer (77 %) sprechen sich häufiger dafür aus als Frauen (69 %), bei den jüngeren Befragten (18-25 Jahre) ist der Anteil der Befürworter mit 66 Prozent am geringsten.
Die große Mehrheit der Befürworter (79 %) ist dafür, dass dieser Dienst geschlechtsunabhängig verpflichtend sein sollte. Etwa die Hälfte der Befragten (49 %) versteht die Pflicht nur für junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren, knapp jeder Dritte (30 %) sieht alle Erwachsenen ab 18 Jahren in der Pflicht.
Top 3-Bereiche für Pflichtdienst: Pflege, Obdachlose, Katastrophenschutz
An der Spitze der von den Befragten als sinnvoll erachteten Gesellschaftsdienste stehen die Arbeit in Pflegeeinrichtungen (71 %) und Krankenhäusern (66 %), gefolgt von Obdachlosenhilfe (59 %), Katastrophenschutz und Rettungsdienst (je 58 %). Ein Engagement in religiösen Einrichtungen hält nur jeder Fünfte (20 %) für sinnvoll – das Schlusslicht von insgesamt 16 abgefragten Bereichen.
Militärdienst von jungen Männern bevorzugt
Dazwischen bewegt sich der Dienst an der Waffe: Knapp vier von zehn (38 %) Befragten halten einen verpflichtenden Militärdienst für sinnvoll. Männer (44 %) befürworten dies häufiger als Frauen (32 %), junge Befragte im Alter von 18 bis 25 Jahren stimmen ebenfalls überdurchschnittlich oft zu (42 %).
Pro und Contra: Neues lernen vs. Eingriff in persönliche Freiheit
Persönliche und gesellschaftliche Gründe stehen im Vordergrund bei den Einstellungen der Menschen zum verpflichtenden Gesellschaftsdienst. Zwei Drittel (65 %) der Deutschen sehen den Pflichtdienst als gute Möglichkeit, um den eigenen Horizont zu erweitern und neue Fähigkeiten zu lernen. Jeweils sechs von zehn Befragten finden es positiv, dass das Zusammenkommen von Menschen gefördert (61 %) und etwas fürs eigene Land getan wird (60 %). Auch die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung ist ein Aspekt, dem mehrheitlich zugestimmt wird (58 %).
Kritiker des Pflichtdienstes sind hörbar, aber in der Minderheit: Etwa jeder Dritte befürchtet eine Ausnutzung der Beteiligten als billige Arbeitskräfte (37 %), eine Erschwerung der Lebensplanung (36 %) und einen zu starken Eingriff in die persönliche Freiheit (34 %). Unter denjenigen, die einen gesellschaftlichen Pflichtdienst ablehnen, liegen diese Werte bis zu 30 Prozentpunkte höher.
Informationsdefizite abhängig vom Bildungsniveau
Nur jeder vierte Bundesbürger (25 %) fühlt sich sehr gut oder gut informiert über aktuelle Möglichkeiten für soziales Engagement in Deutschland. Fast jeder Dritte (30 %) hält sich für nicht informiert, 47 Prozent bezeichnen sich als „mäßig informiert“. Unter den jungen Befragten (18-25 Jahre) würde sich immerhin jeder Dritte (33 %) als gut und nur 17 Prozent als nicht informiert beschreiben.
Je höher das Bildungsniveau, desto bekannter sind die einzelnen sozialen Dienste. So ist beispielsweise nur 17 Prozent der Befragten mit einem niedrigen Bildungsniveau bekannt, dass man ein freiwilliges ökologisches Jahr machen kann, gegenüber 41 Prozent bei denjenigen mit einem höheren Bildungsniveau. Auch der Bundesfreiwilligendienst ist unter den Gutgebildeten (68 %) deutlich bekannter als bei den niedriger Gebildeten (37 %).
Methode
Befragungsmethode: Quantitative Online-Befragung mit Ipsos FastFacts
Auswahlbasis: Ipsos Access Panel
Grundgesamtheit: Deutschsprachige Bevölkerung im Alter von 18 bis 65 Jahren mit Zugang zum Internet
Stichprobengröße: n= 1.000
Auswahlverfahren: Quotenauswahl: Repräsentative Verteilung der deutschsprachigen Bevölkerung nach Alter, Geschlecht und Region
Feldzeit: 11. bis 12. April 2024
Die Studie wurde in Kooperation mit der beruflichen Schule für Medien und Kommunikation in Hamburg-Wandsbek (bmk) durchgeführt.
Grafik: Ipsos