„Stoppt die Blockade der Krankenkassen bei der Versorgung von schwerstbehinderten Kindern und Erwachsenen“

Das Aktionsbündnis für bedarfsgerechte Heil- und Hilfsmittelversorgung begrüßt den Beschluss des Bundestages vom 12. Oktober 2023 zur oben genannten Petition und erwartet, dass die Bundesregierung aber auch die anderen Akteure alle aufgeführten Maß- nahmen zeitnah umsetzen.

Denn der Prozess der Hilfsmittelversorgung ist weiterhin barrierereich, vor allem bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit komplexen Behinderungen und ebenso komplexen Hilfsmittelbedarfen. Die Barrieren liegen vor allem in langen Bearbeitungszeitdauern und einem hohen Begründungsaufwand, häufigen Ablehnungen mit dann erforderlichen Widerspruchsverfahren, den unterschiedlichen Zuständigkeiten der Leistungsträger und viele mehr. Dies behindert bei Kindern und Jugendlichen die Entwicklung, bedeutet oft einen wochen- oder monatelangen Ausschluss von Teilhabe an Bildung, Arbeit, oder sozialem Leben in allen Altersstufen und gefährdet die Selbstbestimmung.

Deshalb müssen Barrieren, die einen transparenten, zügigen und bedarfsgerechten Versorgungsprozess behindern, beseitigt werden. Dies umfasst insbesondere folgende Maßnahmen (vgl. auch BT-Drucksache 20/8564 und Pet 2-19-15-8271- 041743):

  1. Verzicht auf Prüfung der Erforderlichkeit von Hilfsmitteln durch den Medizinischen Dienst (MD), wenn Sozialpädiatrische Zentren (SPZ), MZEB oder vergleichbar spezialisierte Ärzte und Ärztinnen oder Versorgungsteams die entsprechenden Hilfsmittel verordnet oder empfohlen haben. Diese Forderung ist bereits in den Entwurf eines GVSG aufgenommen worden, wobei dort auch die MZEB einbezogen werden müssen. Die Empfehlung sollte vier Wochen Gültigkeit haben.
  2. Begutachtungen durch den MD von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen müssen in anderen Versorgungsfällen (nicht SPZ) ausschließlich durch Ärztinnen und Ärzte mit spezifischer fachlicher Qualifikation, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendmedizin, Kinder-Orthopädie, Kinderneurologie unter anderem pädiatrischen Disziplinen durchgeführt werden. Eine sozialmedizinische Expertise allein ist keine ausreichende Qualifikation.
  3. Hilfsmittelversorgungen sind zeitnah zu bearbeiten (Fristen 2/3 Wochen sind bereits geregelt – allerdings ohne funktionierende Sanktionsbewehrung). Konkrete, verbindliche Fristen für Widerspruchsverfahren fehlen komplett und müssen zwingend ergänzt werden. Die frist- und sachgerechte Weiterleitung von Verordnungen bei Nichtzuständigkeit darf nicht zu Verzögerungen und Ablehnungen führen.
  4. Bei Hilfsmittelversorgung durch Krankenkassen muss die Förderung der Teilhabe umfassend sichergestellt werden. Hierzu bedarf es bei Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich einer qualifizierten ärztlichen Verordnung, die sich verstärkt am umfassend ermittelten Bedarf der Versicherten, das heißt auch an Alltags- und Teilhabezielen orientiert. (Beachtung der BSG-Rechtssprechung, siehe SGB IX).
  5. Dringende Berücksichtigung der teilhabeorientierten Hilfsmittelversorgung in Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe.

6. Die Kennzahlen zu Antragstellung, Antragsgenehmigung und -ablehnung, Widerspruchsverfahren und Art der Verfahrensbeendigung müssen unter Berücksichtigung verschiedener Alters-, Diagnose- und Produktgruppen veröffentlicht werden.

Für einen Teil dieser Vorschläge ist ein Beratungsprozess beim GBA zur Hilfsmittelrichtlinie eingeleitet worden. Eine Änderung des § 33 SGB V im Sinne der Forderungen ist im Gesetzentwurf eines GVSG vorgesehen, bedarf aber noch der Ergänzung, siehe oben. Die Krankenkassen müssen ihr Genehmigungsverfahren beschleunigen und die Qualität der Bearbeitung verbessern. Transparenz über Vertragsinhalte muss hergestellt und Qualitätsstandards für die Leistungserbringung müssen gewährleistet sein und kontrolliert werden.

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