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Nicht immer läuft es im Leben von Familien genauso, wie man es sich vorgestellt hat. Manchmal sogar ganz anders. Wenn das eigene Kind verstirbt, beginnt für die zurückbleibenden Eltern die wohl schwerste Zeit in ihrem Leben. Hier möchten die beiden Trauergruppen „Kostbarkeiten“ und „Lucia“ an der DRK-Kinderklinik Siegen Hilfe und Unterstützung bieten.
Die Trauergruppe „Kostbarkeiten“ wurde im Jahr 2015 gegründet. Hervorgegangen aus einer Elternspende, treffen sich einmal im Monat die Eltern der an der DRK-Kinderklinik verstorbenen Früh- und Neugeborenen. Also Kinder, die aufgrund ihres Alters und ihrem Versterben in der initialen stationären Betreuungsphase nach der Geburt, nur ihre Eltern und das Pflegepersonal des Krankenhauses kennengelernt haben. Diese Kinder sind nie in ihre Kinderzimmer eingezogen, was eine ganz besondere Situation darstellt. Zu früh oder zu krank kamen diese kleinen Mädchen und Jungen auf die Welt und haben im Laufe von Wochen oder Monaten ihren Kampf ums Überleben leider verloren. „Die große Trauer und der unfassbare Schmerz erschüttern die Grundfesten jeder Familie. Sie lassen die Eltern auch häufig Monate und Jahre nach dem Verlust nicht los“, weiß Marcus Linke. Als Oberarzt in der Abteilung für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin sowie als Leiter des Kinderpalliativteams (KiPS) an der DRK Kinderklinik Siegen ist er für die Trauergruppen verantwortlich und engagiert sich in dieser Sache. „Oft tut es dann gut, Menschen zu begegnen, die gleiches erlebt haben. Sie sehen die Welt aus ähnlichen Augen und verstehen einen ohne viele Worte.“
Mit dem Projekt „Kostbarkeiten“ möchten die Neonatologen und die Palliativmediziner der Siegener Kinderklinik, unter Leitung von Marcus Linke, betroffenen Familien den Raum für solche Begegnungen schenken. Ziel ist es, gemeinsam Kraft für einen neuen Lebensabschnitt zu schöpfen. Seit vielen Jahren bietet die DRK-Kinderklinik das Projekt „Kostbarkeiten“ den betroffenen Familien mit großer positiver Resonanz an. Unterstützt wird das Ganze aktuell von „Toschs Genusshütte“ (Kredenbach), „Bowlilicious“ (Siegen-Weidenau) sowie der „Krämerei am Markt“ (Olpe). Aber auch das Hotel Deimann in Schmallenberg mit seinem Sternekoch Felix Weber sowie die Firma Elektro Göttert mit ihrem Kochstudio waren in den vergangenen Jahren schon wiederholt Paten und Unterstützer dieses Projektes.
Rund um diese unterschiedlichen Locations, die jeden ersten Montag im Monat abwechselnd ihre Türen öffnen, treffen sich die betroffenen Eltern um gemeinsam aus verschiedenen Lebensmitteln ein leckeres Essen anzurichten. „Höhepunkt ist bei jedem Treffen das gemeinsame Genießen der selbstgekochten Speisen“, erläutert Marcus Linke. „Zum anderen geht es den Eltern darum, miteinander ins Gespräch zu kommen, über Erinnerungen sprechen zu können, die man ansonsten nur schwer oder gar nicht teilen kann. Oftmals sind das auch erste Momente wo die Paare wieder gemeinsam etwas gestalten oder gemeinsam eine unbeschwerte Zeit verbringen. Auch ist es wichtig, einmal ganz befreit einfach Lachen zu können – ohne sich vielleicht beobachtet zu fühlen oder das Gefühl zu haben sich rechtfertigen zu müssen.“ Ähnlich sind auch die Erfahrungen einer Teilnehmerin: „Es hat so gutgetan, die anderen Eltern zu erleben und zu sehen, dass das auch ganz normale, ihre Kinder liebende Eltern sind, die alles für ihren Nachwuchs getan hätten“, berichtet sie. „Denen ist dies trotzdem widerfahren – wie uns eben auch.“
Die Trauergruppe „Lucia“, eine Kooperation der DRK-Kinderklinik und dem Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Siegen, hat eine etwas andere Zusammensetzung. Sie besteht seit 2022 aus verwaisten Eltern von lebenslimitiert erkrankten Kindern. Gemeinsam haben die Familien, dass sie alle vom Siegener Kinderpalliativteam und/oder dem Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Siegen (AKHD) betreut wurden. Diese Treffen finden einmal pro Monat statt. Es wird gemeinsam gekocht, gebastelt oder einfach mal nur spazieren gegangen. „Wir möchten den Eltern und ihrer Trauer dort Raum geben“, erläutert Sina Wäschenbach-Käckermann, die Pflegerische Leitung des Kinderpalliativteams. Gleichzeitig besteht auch hier die Möglichkeit, sich mit anderen Eltern von verstorbenen Kindern, die zu Lebzeiten palliativmedizinisch betreut wurden, auszutauschen. Ein Punkt, der vielen Betroffenen unglaublich wichtig ist. „Wir möchte keine Konkurrenz zu den anderen in Siegen und Umgebung vorhandenen Trauergruppen darstellen. Wir bieten ein zusätzliches und sehr spezielles Angebot für eine besondere Gruppe von betroffenen Eltern. Viele hatten mit ihrem Kind in der DRK-Kinderklinik Siegen einen Ansprechpartner und den sollen sie auch nach dem Tod ihres Kindes nicht verlieren“, erläutert Marcus Linke.