Der 15. ZNS-Nachsorgekongress hat am 26. Mai 2023 in Dresden mit breiter Mehrheit die Forderungen der AG Teilhabe nach einem stärkeren Einsatz der Gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beseitigung von krankheitsspezifischen Nachsorge- und Teilhabehemmnissen und einer Hilfestellung durch einen „Persönlichen Organisator“ für Menschen mit erworbener Hirnschädigung und neurologischer Behinderung unterstützt.
Professorin Helga Seel, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, setzte mit ihrem Impulsvortrag den oben genannten zentralen Leitgedanken. Sie räumte ein, dass erhebliche Defizite in der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes bestehen. Dem Ruf nach Geduld, mehr Gesprächen und trägerübergreifenden Antragsformularen wollten jedoch nicht alle Teilnehmer und Referenten des Nachsorgekongress folgen. Hatte doch Professor Michael Seidel in der Podiumsdiskussion das alte Schubladen- und Obrigkeitsdenken in den Verbänden der Kostenträger verworfen. Hatte doch Professor Andreas Zieger bereits am Vortag im „Update Neuro-Nachsorge und Anforderungen an die Regelversorgung “ die seit Jahren bestehenden positiven Erfahrungen und neue Studien für eine zeitgemäße Rehabilitation, Nachsorge und Teilhabe aufgezeigt. Diese würden von der Gesetzlichen Krankenversicherung im Vergleich zu anderen Rehabilitationsträgern nicht oder nur als vereinzelte Sonderregelungen umgesetzt. Und es sei ungewiss, ob derzeit laufende Innovationsprojekte zur Neuro-Nachsorge je Eingang in die Regelversorgung fänden. Dass Menschen mit erworbener Hirnschädigung immer noch gegenüber anderen Krankheitsarten und Rehaträgern benachteiligt würden, sei nicht länger hinzunehmen. Die politisch Verantwortlichen seien zum Handeln aufgefordert.
Dieser Kritik schloss sich Sebastian Lemme vom SelbstHilfeVerband – FORUM GEHIRN e.V. als Mitglieder der AG Teilhabe an. Die Krankenkassen kämen ihrer gesetzlichen Verpflichtung als Rehabilitationsträger nicht ausreichend nach. Im Rahmen eines Systemvergleichs betonte Lemme, dass Rehabilitation und Nachsorge nicht nur wegen einer verbesserten Teilhabe geboten seien, sondern eine strukturierte Nachsorge zu nachhaltigen Rehabilitationserfolgen und zu geringeren Kosten führen als eine andauernde symptomatische Behandlung. Die Vernachlässigung von Rehabilitation, Nachsorge und Teilhabe führe zu einem unwirtschaftlichen Verhalten zu Lasten der Versicherten und Solidargemeinschaft. Um die in der Resolution erhobenen Forderungen umzusetzen, sollen nach den Vorstellungen der AG Teilhabe die Betroffenen zukünftig durch eine Person ihres Vertrauens unterstützt werden, der im Auftrag der Betroffenen die ihnen im nachklinischen Versorgungsprozess zustehenden Leistungen als „Persönlicher Organisator“ steuern und koordinieren soll, um im Dickicht der Lobby-Interessen und Akteure bestehen zu können.
Nach einer sehr intensiven Diskussion konnte die Resolution eine breite Zustimmung aus der Mitte des 15. Nachsorgekongress finden. Auf dieser Grundlage wird die Resolution offensiv in den politischen Prozess eingebracht werden. Alle Beteiligte und Interessierte sind aufgefordert, sich unter https://nachsorgekongress.de/aktionen/2023-resolution/ an der Verbreitung und Umsetzung der Resolution zu beteiligen. Die Mitglieder der AG Teilhabe werden in den kommenden Monaten das Gespräch zu den Verantwortlichen in Politik und Behörden sowie den Leistungsträgern und Leistungserbringern suchen, um für die Verbesserung der Versorgungsstrukturen im Interesse der Betroffenen und Angehörigen offensiv zu werben.