Wenn eine Station voll ist, ist sie voll

Aufgrund des Personalnotstands in der Pflege droht eine dauerhafte Überlastung der Kinderklinken in NRW: In einer gemeinsamen Verlautbarung fordern Pflegekammer NRW und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) daher unter anderem engere Absprachen zwischen Ärztinnen und Ärzten und Pflegefachpersonen. „Eine Neuaufnahme ist keine rein medizinische Entscheidung, sondern auch eine pflegerische“, sagt Petra Coenen, Mitglied der AG Kinderkrankenpflege.

Besonders in den Herbst- und Wintermonaten, wenn Infektionswellen Hochsaison haben, verschärft sich die ohnehin angespannte Personalsituation erheblich. Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht und es wird auch in der kommenden kalten Jahreszeit eine deutliche Überlastung auf den Stationen der Kinderkliniken in Nordrhein-Westfalen erwartet. Besonders angespannt ist die Lage in der Neonatologie, der medizinischen Versorgung von Neugeborenen, und in der Pädiatrie, der medizinischen Versorgung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen. Dazu hat die Pflegekammer NRW bereits Anfang des Jahres eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Um die Qualität der pflegerischen Versorgung auch in den kälteren Jahreszeiten zu sichern, appellieren die Pflegekammer NRW und die DGKJ in einer gemeinsamen Verlautbarung an die Kinderkliniken, sich frühzeitig auf die bevorstehenden Krankheitswellen vorzubereiten. Vor allem von den Ärztinnen und Ärzten auf den Stationen erwarten die Verfasserinnen und Verfasser eine engere Abstimmung mit den Pflegefachpersonen, wann das Limit von Neuaufnahmen erreicht ist. „Niemand möchte Eltern mit ihren Kindern wieder nach Hause schicken“, sagt Petra Coenen, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Kinderkrankenpflege der Pflegekammer NRW. „Aber wenn eine Station voll ist, dann ist sie voll. Eine gute pflegerische Versorgung muss gewährleistet sein und daher fordern wir gemeinsame Entscheidungen zwischen Pflegefachpersonen und Ärztinnen und Ärzten. Denn eine Neuaufnahme ist keine rein medizinische Entscheidung, sondern auch eine pflegerische. Hier brauchen wir eine gemeinsame Prozessverantwortung.“ Digitale Personalmanagementkonzepte können dabei helfen, Belegungs- und Auslastungskapazitäten transparent darzustellen und den Entscheidungsprozess zu unterstützen. Visuelle Hilfsmittel und Case-Management-Strukturen erleichtern die Prozesse ebenfalls. Sinnvoll sei es zudem, in Zeiten hoher Infektionslagen die untere Grenzverweildauer der Patientinnen und Patienten anzupassen, ohne dass es dabei zu finanziellen Nachteilen für die Kliniken kommt, heißt es in der Verlautbarung. Auch dies könne zur Entlastung der Pflegefachpersonen beitragen.

Darüber hinaus fordern Pflegekammer NRW und DGKJ, die ambulante Versorgung von Kindern und Jugendlichen weiter auszubauen. „Auch die Praxen sind häufig so überlastet, dass Kinderärztinnen und -ärzte die Patientinnen und Patienten in die nächste Kinderklinik überweisen, obwohl das medizinisch nicht immer notwendig ist“, sagt Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW. Hier sei zum einen eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen ambulanten Einrichtungen, Kinderärztinnen und -ärzten und Versorgungszentren erforderlich. „Und wir benötigen klare gesetzliche Regelungen, was vorbehaltene pflegerische Tätigkeiten sind und gleichzeitig eine Erweiterung der pflegerischen Kompetenzen“, fordert Postel. Dies kann die Versorgung von Kindern und Jugendlichen außerhalb von Krankenhauseinrichtungen unterstützen, eine verstärkte Einbindung der Familien ermöglichen und zur Kontinuität der Versorgung vor oder nach einem Klinikaufenthalt beitragen.

Lesen Sie die gesamte Verlautbarung der Pflegekammer NRW und der DGKJ hier.

 

 

Fotot:freepik

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